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Cannabis-Konsum kann das Risiko für die Entstehung von Parodontitis erhöhen

1.
März 2024

Am 22. März 2024 wird der Bundesrat über das Inkrafttreten des Gesetzes zum „kontrollierten Umgang mit Cannabis“ entscheiden müssen. Diese Abstimmung könnte eine Entscheidung mit einer gewissen, bislang wenig diskutierten Tragweite sein. Durch diese wird möglicherweise auch der Umgang mit dem Cannabisgesetz (CanG) unmittelbar beeinflusst.

Cannabis kann auf unterschiedliche Art und Weise verwendet werden. Es kann als Marihuana oder vaporisiert geraucht bzw. inhaliert oder anderen Verzehr-Produkten beigemischt werden. Die Legalisierung von Cannabis könnte vor allem einen Anstieg des Marihuana-Rauchens zur Folge haben.

In einer Reihe von Studien konnte gezeigt werden, dass der langfristige Cannabis-Konsum negative Konsequenzen für die parodontale Gesundheit bedeutete. Im Besonderen ist der früh, in jungen Lebensjahren, einsetzende Erkrankungsbeginn herauszustellen. In der Bevölkerung tritt Parodontitis in den meisten Fällen im höheren Lebensalter auf. Früh einsetzende und rasch progressive Formen der Parodontitis betreffen nur einen kleinen Teil der Bevölkerung und sind häufig mit anderen syndromalen Erkrankungsformen (z.B. immunologische Grunderkrankungen) und/oder einer gewissen genetischen Prädisposition verbunden.

Der häufige Konsum von Marihuana scheint den Anteil an Neuerkrankungen in jungen Lebensjahren zu steigern und stellt somit ein potenzielles Risiko für junge Menschen dar. Zusätzlich ist zu bemerken, dass der regelmäßige Drogenkonsum ebenfalls mit anderen Ko-Faktoren, die sich auf die allgemeine und parodontale Gesundheit negativ auswirken, wie z.B. Zigarettenrauchen oder regelmäßiger Alkoholkonsum, verbunden ist. Hier können synergistische Effekte zusätzlich systemische und parodontale Konditionen negativ beeinflussen.

Die derzeitige wissenschaftliche Auseinandersetzung bezüglich des Einflusses von Cannabis auf die parodontale Gesundheit zeigte Hinweise auf direkte Zytotoxizität gegenüber integralen und transienten Zellen des Parodonts, selektive anti-bakterielle Wirkung, einen direkten Einfluss auf Resistenzmechanismen z.B. bei Spirochäten sowie dysregulative Prozesse im Rahmen der angeborenen und adaptiven Immunantwort. Diese umfassenden Prozesse sind bislang unvollständig aufgeklärt, könnten jedoch
aufgrund des synchronen Charakters der Einflüsse von Cannabis auf die Persistenz von pathogenen Mikroorganismen und die immunologische Modulation für die früh einsetzende kontinuierliche parodontale Destruktion eine Erklärung sein.[1-3]

Die Legalisierung von Cannabis muss vor diesem Hintergrund kritisch hinterfragt werden und würde einen weiteren Einschnitt in die Prävention und Therapie der parodontalen Erkrankungen wie Parodontitis bedeuten.

Mit der im Zuge des GKV Finanzstabilisierungsgesetzes (FinStG) beschlossenen Budgetierung der parodontalen Leistungen konnte bereits jetzt ein Rückgang an Neuaufnahmen gesetzlich versicherter Patientinnen und Patienten für die Parodontitistherapie nachgewiesen werden. Das aktuelle Niveau der Neuaufnahmen für die Parodontitistherapie liegt unter dem Niveau vor der Einführung der GKV-Behandlungsstrecke. Diese Zahlen belegen, dass konsequente Prävention und Therapie parodontaler Erkrankungen durch den gesetzlichen Rahmen nicht mehr möglich erscheinen, obwohl die GKV-Behandlungsstrecke das Potenzial für eine umfassende, wissenschaftlich fundierte Betreuung der Patientinnen und Patienten in Hinblick auf die Volkskrankheit Parodontitis in Deutschland zeigt.

Mit einer möglichen Einführung eines Gesetzes zur Legalisierung von Cannabis besteht die Gefahr eines synergistischen Effektes. Vor dem Hintergrund der allgemeinmedizinischen Zusammenhänge in Hinblick auf Parodontitis und die Effekte des Cannabis-Konsums müssen die Diskussionen zu den entsprechenden Beschlüssen, welche die Gesetzgebung maßgeblich beeinflussen, kritisch geführt werden.

Neben Parodontitis können auch andere orale Erkrankungen und
Konditionen durch den Konsum von Drogen begünstigt werden. Die Nicht- Behandlung zahnmedizinischer Erkrankungen per se hat einen gesundheitsökonomischen Schaden in der Höhe eines zweistelligen
Milliardenbetrags zur Folge.[4]

Prof. Dr. Henrik Dommisch
Präsident der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie e.V. (DG PARO)

 

Quellen
1. Scott, D.A., H. Dukka, and D. Saxena, Potential Mechanisms Underlying Marijuana-Associated Periodontal Tissue Destruction. J Dent Res, 2022. 101(2): p. 133-142.
2. Shariff, J.A., K.P. Ahluwalia, and P.N. Papapanou, Relationship Between Frequent Recreational Cannabis (Marijuana and Hashish) Use and Periodontitis in Adults in the United States: National Health and Nutrition Examination Survey  2011 to 2012. J Periodontol, 2017. 88(3): p. 273-280.
3. Quaranta, A., et al., Illegal drugs and periodontal conditions. Periodontol 2000, 2022. 90(1): p. 62-87.
4. Botelho, J., et al., Economic burden of periodontitis in the United States and Europe: An updated estimation. J Periodontol, 2022. 93(3): p. 373-379.

Pressekontakt
Prof. Dr. Bernadette Pretzl
Dr. Sonja Sälzer, PhD

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