Die Parodontologie hat sich zu einem facettenreichen Fach in der Zahnheilkunde entwickelt. Auf der einen Seite kann die parodontale Erkrankung heute mit modernen minimalinvasiven Behandlungen zur Ausheilung gebracht werden und das bei geringer Patientinnen- und Patientenbelastung und Gewebsretraktion. Auf der anderen Seite haben sich viele Schnittstellen zur Allgemeinmedizin und zur dentalen Implantologie ergeben. Welche Möglichkeiten es gibt, Parodontologe oder Parodontologin zu werden, haben wir auf den folgenden Seiten zusammengestellt.
Weiterbildung zur Parodontologin oder zum Parodontologen
Zum einen sind berufsbegleitende Weiterbildungen möglich, die neben der Tätigkeit in einer Praxis durchgeführt werden können. Hierzu zählen etwa individuelle Einzelkurse, curriculäre Fortbildungen – z. B. das Curriculum Parodontologie der APW in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie – und der DG PARO-Master.
Zum anderen sind klassische Spezialisierungen möglich, die in der Regel eine universitäre Tätigkeit oder einen Auslandsaufenthalt einschließen. So kann der DG PARO-Spezialist oder die DG PARO-Spezialistin für Parodontologie® erworben werden, wenn eine (mindestens) dreijährige Ausbildung an einer von der DG PARO akkreditierten Abteilung oder Praxis für Parodontologie besucht wurde.
Ein kleiner, aber wichtiger Unterschied:
Jeder Zahnarzt und jede Zahnärztin, egal wie gut er oder sie in Parodontologie ausgebildet ist, darf sich „Spezialist:in für Parodontologie“ nennen. Dies ist nicht zu verwechseln mit den DG PARO-Spezialisten für Parodontologie®.
Parodontologie in der zahnmedizinischen Ausbildung
Alle Zahnärzte und Zahnärztinnen sind dafür ausgebildet, Parodontalerkrankungen zu erkennen und leichte bis moderate Erkrankungen zu behandeln. Für die Beurteilung und Behandlung schwerer und komplizierter Fälle kann es aber hilfreich sein, auf Parodontologie weiterqualifiziertes zahnmedizinisches Fachpersonal aufzusuchen.
Die folgende Übersicht soll sowohl Patientinnen und Patienten als auch zahnmedizinischem Personal Informationen liefern, um sich in dem mittlerweile unübersichtlichen Dschungel der unterschiedlichen Bezeichnungen für parodontologische Spezialisierungen, Fort- und Weiterbildungen zurecht zu finden.
An deutschen Universitäten erhält jede Zahnärztin und jeder Zahnarzt im Studium eine Grundausbildung in den fünf Kernfächern der Zahnmedizin:
- Zahnerhaltungskunde
- Zahnärztliche Prothetik (Zahnersatzkunde
- Zahnärztliche Chirurgie
- Kieferorthopädie
- Parodontologie
Die Parodontologie beschäftigt sich mit der Vorbeugung (Prophylaxe), Erkennung (Diagnostik) und Behandlung von Erkrankungen des Zahnfleisches (Gingiva) sowie des gesamten Zahnhalteapparates (Parodont).
Die Ausbildung in Parodontologie umfasst theoretische Kenntnisse zu allen Aspekten des Faches und eine praktische Ausbildung in der Diagnostik, der Vorbeugung und nichtchirurgischen Behandlung parodontaler Erkrankungen. Damit werden alle Zahnärzte und Zahnärztinnen in die Lage versetzt, parodontale Erkrankungen rechtzeitig zu erkennen und einfache bis moderate Fälle zu behandeln. Obwohl in Deutschland etwa elf Millionen der Erwachsenen an schweren Formen parodontaler Erkrankungen – überwiegend Parodontitis, eine entzündliche Zerstörung des Zahnhalteapparates – leiden, macht das Fach Parodontologie an deutschen Universitäten weniger als fünf Prozent des Unterrichts aus und umfasst keine vertiefende praktische Ausbildung in operativen Verfahren (Parodontalchirurgie). Verglichen werden kann diese Ausbildung mit der Qualifikation des Hauszahnarztes, der sich nach seinem Studium nicht weiter auf dem Gebiet der Parodontologie fort- und weitergebildet hat.
In schwierigeren und komplexeren Fällen überweisen Zahnärztinnen und Zahnärzte deshalb Patientinnen und Patienten an parodontologisches Fachpersonal. In Deutschland gibt es Fachzahnärztinnen und -zahnärzte für zahnärztliche Chirurgie (Oralchirurgie) und Fachzahnärztinnen und -zahnärzte für Kieferorthopädie. Im Fach Parodontologie ist dies der Titel Fachzahnarzt und Fachzahnärztin für Parodontologie, der Anfang der 80er Jahre eingerichtet wurde.
Fachzahnärzte und Fachzahnärztinnen für Parodontologie haben nach ihrer zahnmedizinischen Ausbildung eine dreijährige Weiterbildung absolviert, in der sie sich intensiv mit Parodontologie beschäftigen und viele parodontale Erkrankungen sehen und behandeln.
In dieser Zeit erhalten die Fachzahnärzte und Fachzahnärztinnen eine intensive und umfassende theoretische und praktische Ausbildung, welche sie in die Lage versetzt, alle Erkrankungen des Zahnfleisches und des Zahnhalteapparates zu erkennen und umfassend zu behandeln. Aber auch Implantate, plastische Parodontalchirurgie und die Rekonstruktion mit Zahnersatz sowie die Nachsorge gehören zur Ausbildung. Sie müssen nachweisen, in ihrer Ausbildungszeit alle möglichen parodontologischen Behandlungsmaßnahmen durchgeführt zu haben (Operationskatalog).
Von dieser Ausbildungszeit muss mindestens ein Jahr an einer Fachabteilung für Parodontologie einer Universitätszahnklinik abgeleistet werden. Nach Abschluss der Ausbildung ist eine Prüfung vor der Prüfungskommission einer Landeszahnärztekammer abzulegen. Die Ausbildungszeit hat ein Volumen von etwa 5 000 Stunden. Die Qualifikation „Fachzahnarzt für Parodontologie“ und „Fachzahnärztin für Parodontologie“ ist gesetzlich geschützt und darf auf dem Praxisschild geführt werden.
Die Ausbildung von Fachzahnärzten und Fachzahnärztinnen liegt in der Zuständigkeit der Bundesländer, die diese hoheitliche Aufgabe an die Landeszahnärztekammern, die Berufsvertretung der Zahnärzte und Zahnärztinnen, abgegeben haben. Anders als in den Fächern Kieferorthopädie und Zahnärztliche Chirurgie gibt es nicht in allen Zahnärztekammern eine Möglichkeit zur Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Parodontologie. Lediglich die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe sieht eine solche Weiterbildung vor. In allen anderen Bundesländern haben sich die Zahnärztekammern aufgrund vor allem standespolitischer Erwägungen bisher nicht dazu entscheiden können, ebenfalls parodontologisch intensiv geschultem zahnärztlichen Fachpersonal den offiziellen Titel eines Fachzahnarztes oder einer Fachzahnärztin zu verleihen.
Weitere Fortbildungsmöglichkeiten
Viele Zahnärztekammern und private Fortbildungsinstitute bieten vielfältige Fortbildungsmöglichkeiten an, die von einzelnen Kursen bis zu Kursserien, sogenannte Curricula, für Parodontologie reichen. Diese Curricula, z. B. das Curriculum Parodontologie der Akademie Praxis und Wissenschaft und der DG PARO, umfassen etwa 130 Ausbildungsstunden an 14 Fortbildungstagen (sieben Wochenenden). Dazu kommen eine Hospitation, d. h. ein Praktikum in einer Ausbildungspraxis, und eine Supervision, also eine Operation der Zahnärzte und Zahnärztinnen unter Anleitung. Ein Zertifikat für das Curriculum wird verliehen, wenn eine Abschlussprüfung erfolgreich absolviert wurde.
Die Curricula haben zwei Zielgruppen:
Zahnärzte und Zahnärztinnen, deren Studium bereits lange zurück liegt und die sich über den aktuellen Stand des Fachs Parodontologie informieren wollen.
Junge Zahnärztinnen und Zahnärzte, die Defizite in ihrem Studium hinsichtlich ihrer parodontologischen Ausbildung sehen und diese ausgleichen möchten.
Diese Fortbildung geht nicht über die Ausbildung der Hauszahnärzte und -zahnärztinnen hinaus. Einige Zahnärztekammern vergeben an Zahnmediziner, die ein Curriculum abgeschlossen haben, sogenannte „Kammerzertifikate“ oder „Tätigkeitsschwerpunkte in Parodontologie“, die auf den Praxisschildern geführt werden dürfen. Jeder Zahnarzt und jede Zahnärztin dürfen auf besondere, personenbezogene Kenntnisse und Fertigkeiten hinweisen. Ein besonderer Qualifikationsnachweis muss hierfür nicht erbracht werden. Hierzu zählt der Zusatz „Parodontologie“ oder auch die Bezeichnung „Tätigkeitsschwerpunkt Parodontologie“ auf dem Praxisschild.
Alternativ ist im Kammerbereich Westfalen-Lippe die Weiterbildung zur Fachzahnärztin oder zum Fachzahnarzt für Parodontologie, analog der Weiterbildung in Oralchirurgie oder Kieferorthopädie, möglich. Diese Ausbildung ist dem DG PARO-Spezialisten und der DG PARO-Spezialistin für Parodontologie® äquivalent.
Einen Schritt weiter greift eine von der EFP akkreditierte postgraduelle Ausbildung in Parodontologie. Diese Ausbildung kann an mehreren Standorten in Europa durchgeführt werden, und schließt mit einem EFP-akkreditierten Diplom in Parodontologie ab.
Darüber hinaus sind postgraduale Weiterbildung in Nordamerika denkbar. Hier werden in der Regel Zertifikate beziehungsweise bei begleitender wissenschaftlicher Betätigung Master of Science-Zertifikate für eine dreijährige postgraduale Ausbildung vergeben. Absolventen und Absolventinnen dieser Programme können sich anschließend der Prüfung zum ‚Board-certified Periodontist‘ stellen.